Drei Fragen an Maryam Laura Moazedi

In unserer Reihe "Drei Fragen an..." befragen wir Grazerinnen und Grazer nach Ideen zur inklusiveren Gestaltung der Stadt. Dieses Gespräch führten wir mit Maryam Laura Moazedi, Diversity Fachfrau und Universitätslektorin.



FS: Was bedeutet "inklusive Stadt" für dich? Und wie wichtig ist dieses Ziel?

MLM: Eine inklusive Stadt ist für mich die perfekte Stadt, eine Stadt, die für alle zugänglich ist. Sie ist menschlich. Sie ist auch eine intelligente Stadt, weil sie sich bewusst dafür entscheidet neue Wege zu gehen, sich von „das haben wir schon immer so gemacht“ zu verabschieden wenn „das haben wir schon immer so gemacht“ nicht funktioniert und in die Zukunft blickt.

FS: Spielplätze für ältere Generationen, integrierte Rampen, ausgeleuchtete Parkanlagen in der Nacht, gleichgeschlechtliche Paare auf Verkehrsampeln, ein Gebetshaus für mehrere Religionen… es gibt viele Good Practices. Was würdest du einführen/dir wünschen, um aus Graz eine inklusive Stadt zu machen?

MLM: Ich glaube, dass Graz mehr Orte des Verweilens braucht. Es gibt zu wenige Sitzbänke, sogar manche Parkanlagen könnten mehr davon vertragen. Prinzipiell braucht man nur einmal mit einem älteren Menschen durch die Stadt zu gehen um sich davon ein Bild zu machen, wie sie auf ältere Menschen wirkt. Schon beim Überqueren der Straße beginnt der Stress und es kommt die Rückmeldung, man sei zu langsam (und nicht stadttauglich?), weil Ampeln so geschaltet sind, dass man es nur in Sprintgeschwindigkeit noch bei Grün auf die andere Straßenseite schafft. In einem zentral gelegenen Kaufhaus ist die Rolltreppe zu schnell geschaltet, in manchen Restaurants ist die Sturzgefahr enorm, weil das Stiegenhaus dunkel ist, die Treppen schwarz, die Stufen nicht zu sehen, die Möglichkeit, sich bei einem längeren Spaziergang kurz hinzusetzen oder eine Toilette zu finden ist ausbaufähig, in Altenheimen findet man spiegelnde Bodenfliesen und Tasten im Lift, die nicht zu erkennen sind. Ältere Menschen sind kaum eingebunden in Entscheidungen rund um die Gestaltung von Städten, das sieht man auch an den Ergebnissen.
Von den Good Practices finde ich die Idee, Spielplätze für ältere Generationen zu gestalten schlichtweg genial. Spielplätze können und sollten für alle da sein. Wozu wird einem gesagt, ab einem bestimmten Alter hätte man da nichts mehr verloren? Als Erwachsener soll man sich nach dem Büro ins Power-Fitness-Center flüchten, als älterer Mensch einen „Senioren-Nachmittags-Bewegungskurs“ mit Liftmusik besuchen. Ich wünschte, es gebe mehr Bewusstsein für Alterssegregation im Alltag und für künstliche Altersgrenzen. Der Vorteil an diesen Ansätzen ist, dass alle etwas davon haben. Vorteile für die einen sind keine Nachteile für die anderen. Klima, beispielsweise, ist auch ein Thema für alle. Mehr Grünflächen, Bäume, begrünte Fassaden etc. helfen, Temperaturen zu moderieren. Heiße Sommer sind besonders aber nicht nur für ältere Menschen gefährlich, auch da profitieren wir alle von einer Gestaltung, die die aktuellen Umstände berücksichtigt.

FS: Zum Abschluss: Deine Lieblingsstadt/-städte?

MLM: Mailand, Turin, Tokio, London, Edinburgh, Helsinki und nochmals Mailand.

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